Im Wald über Bad Karlshafen erhebt sich im Verborgenen der Charlottenstein, den ein Lehrer aus Essen seiner Holden gewidmet und in etlichen Sommerferien des frühen 20. Jahrhunderts errichtet hat, bis er im 2. Weltkrieg starb. Ich brach mir dort einmal den rechten Fersenknochen an, als der Charlottenstein – der in Wahrheit ein etwa 3 Meter hoher, runder Steinturm ist – noch nicht vollends umwuchert war. Irgendwann wird niemand mehr sehen, wo er steht, niemand mehr wissen, dass es ihn gibt, und wenn das Schild mit den wenigen Eckdaten auch unleserlich ist, ruht mitten im Wald an einem schwer passierbaren steilen Hang voller Gestrüpp nur ein mysteriöser Haufen Steine. Niemand wird mehr Erinnerungen haben, und in der Welt der schönen Dinge ist ein Haufen feuchter Steine voller Getier den meisten eh ein Graus. Ein Graus sind auch die vielen toten Spitzmäuse auf dem Waldweg, und doch ein faszinierender Anblick voller Fragen. Eine dieser Mäuse wird gefressen von Käfern, ist kaum erkenntlich und gäbe ein – wären die Käfer fort – wundervoll es Bild ab, das einem Pollock in nichts nachsteht. An sich ist es auch nur ein Muster aus Farben, welches ohne das Wissen um seinen Inhalt auch nur Form ist.
Das große Geheimnis moderner, vollends abstrakter Kunst ist meiner Ansicht nach, dass selbst eine vier Meter hohe Schwarzfläche sachlich gesehen, also materiell betrachtet, nichts anderes ist als eine Mona Lisa. Beides ist nur Projektionsfläche, beides ist per se irreal und auch in einer Schwarzfläche ist Form, die von uns erkannt wird und dem Bild einen Inhalt gibt. (Auch wenn der bei vielen nur Langeweile ist. Aber die ist heute bei Manchen auch manchmal ein wichtiges Gefühl.)
Auf jeden Fall liegt der Charlottenstein nunmehr im Nirgendwo. Vielleicht werde auch ich ihn dereinst vergessen haben, und übrig bleibt mir die Frage, wo zum Geier ich mir den Fersenknochen anbrach.
Zur Reise: Morgen kommt mein 13 Kilogramm-Hausrat endlich auf meinen Rücken, und die erste Station der „richtigen“ Wanderung sollte bei Eschwege liegen.
Im Wald über Bad Karlshafen erhebt sich im Verborgenen der Charlottenstein, den ein Lehrer aus Essen seiner Holden gewidmet und in etlichen Sommerferien des frühen 20. Jahrhunderts errichtet hat, bis er im 2. Weltkrieg starb. Ich brach mir dort einmal den rechten Fersenknochen an, als der Charlottenstein – der in Wahrheit ein etwa 3 Meter hoher, runder Steinturm ist – noch nicht vollends umwuchert war. Irgendwann wird niemand mehr sehen, wo er steht, niemand mehr wissen, dass es ihn gibt, und wenn das Schild mit den wenigen Eckdaten auch unleserlich ist, ruht mitten im Wald an einem schwer passierbaren steilen Hang voller Gestrüpp nur ein mysteriöser Haufen Steine. Niemand wird mehr Erinnerungen haben, und in der Welt der schönen Dinge ist ein Haufen feuchter Steine voller Getier den meisten eh ein Graus. Ein Graus sind auch die vielen toten Spitzmäuse auf dem Waldweg, und doch ein faszinierender Anblick voller Fragen. Eine dieser Mäuse wird gefressen von Käfern, ist kaum erkenntlich und gäbe ein – wären die Käfer fort – wundervoll es Bild ab, das einem Pollock in nichts nachsteht. An sich ist es auch nur ein Muster aus Farben, welches ohne das Wissen um seinen Inhalt auch nur Form ist.
Das große Geheimnis moderner, vollends abstrakter Kunst ist meiner Ansicht nach, dass selbst eine vier Meter hohe Schwarzfläche sachlich gesehen, also materiell betrachtet, nichts anderes ist als eine Mona Lisa. Beides ist nur Projektionsfläche, beides ist per se irreal und auch in einer Schwarzfläche ist Form, die von uns erkannt wird und dem Bild einen Inhalt gibt. (Auch wenn der bei vielen nur Langeweile ist. Aber die ist heute bei Manchen auch manchmal ein wichtiges Gefühl.)
Auf jeden Fall liegt der Charlottenstein nunmehr im Nirgendwo. Vielleicht werde auch ich ihn dereinst vergessen haben, und übrig bleibt mir die Frage, wo zum Geier ich mir den Fersenknochen anbrach.
Zur Reise: Morgen kommt mein 13 Kilogramm-Hausrat endlich auf meinen Rücken, und die erste Station der „richtigen“ Wanderung sollte bei Eschwege liegen.